Wilhelm Carl Alexander Bellingrodt wurde am 07. April 1897 in Köln Müngersdorf geboren, er gilt als einer der bekanntesten deutschen Eisenbahnfotografen des 20. Jahrhunderts.

Er hat seit 1923 mehr als 20.000 Fotos von Lokomotiven und Zügen erstellt. Seine Spezialität waren die systematischen Typenaufnahmen einzelner Lokomotiven und Lokomotiv-Baureihen in einer Perspektive, bei der das Fahrzeug diagonal das Bild prägt.

Standardbilder dienten nach seiner Vorstellung primär der technischen Dokumentation und sollten möglichst aus verschiedenen Ansichten viele Details vermitteln. Wichtig war daher, dass die Maschinen gut ausgeleuchtet präsentiert wurden, was besonders das dunklere Fahrwerk betraf, hierzu wurden bei den Handabzügen störende Elemente abgedeckt oder aufgehellt. Er selbst bevorzugte vor allem Aufnahmen von Zügen in markanten Landschaften, Bahnhöfen oder im Bahnhofsvorfeld.

Bellingrodt verkaufte seine Aufnahmen an Verlage, Hochschulen, Ämter und Museen, oft als Vorlage für Postkarten. Diese konnten auch von Eisenbahnfreunden erworben werden. Er arbeitete auch für die Deutsche Reichsbahn.

Das Deutsche Lokomotivbild-Archiv war ein Lichtbildarchiv in Berlin, dem auch Carl Bellingrodt seine Aufnahmen zur Verfügung stellte. Die Sammlung umfasste die Dampflokomotiven der Deutschen Reichsbahn, ergänzt durch reproduzierte Werksfotos der Herstellerfirmen und alte Betriebsaufnahmen.

Für die Übernahme ins Deutsche Lokarchiv entwickelte man “Normen”, um die typischen Elemente und Details der Fahrzeuge dokumentarisch erfassen zu können. Ein derartiges Bild wurde dann mit dem Hinweis “links schräg von vorne” archiviert. Die Kuppelstangen sollten möglichst unten stehen, um das Fahrwerk optimal zur Geltung zu bringen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Deutsche Lokomotivbild-Archiv komplett vernichtet. Nach dem Krieg war nur noch das im Garten von Carl Bellingrodt vergrabene Bildarchiv erhalten, daher war es möglich, das Deutsche Lokomotivbild-Archiv als „Lokomotivbildarchiv Bellingrodt“ weiterzuführen.

Carl Bellingrodt wohnte seit 1938 in Wuppertal in der Siegesstraße 94, oberhalb der Bahnstrecke zwischen den Stationen Barmen und Unterbarmen.

Seit 2009 gibt es dort eine Gedenktafel, diese zeigt ein Zugmotiv mit einigen erklärenden Infos.

Ein ebenso beliebter Treffpunkt war die Fußgängerbrücke vor dem Haus 106. Hier standen die Fotografen „in der ersten Reihe“ unmittelbar über den Gleisen.

In der Siegesstraße war aus unterschiedlichen Gründen immer wieder Treffpunkt für begeisterte Eisenbahnfreunde. Einige interessierten sich für den Modellbau, andere für die Vorbilder und wieder andere für die Fotografie.

Die Modellbahner sprachen immer wieder davon, einen eigenen Verein zu gründen, der entscheidende Impuls dazu kommt im Jahr 1949. Die Bundesbahndirektion, Franz Gusinde war dort damals Dezernent, will 1950 ihr 100-jähriges Jubiläum feiern. Carl Bellingrodt schlug vor, eine Modelleisenbahn beizusteuern. Da es sich nicht lohnte, nur für die Feierlichkeiten im Elberfelder Direktionsgebäude eine Anlage aufzubauen, wurde die Idee geboren, die Anlage stattdessen in einem Reisezugwagen unterzubringen.

Die Modelleisenbahner fanden einen geeigneten sächsischen Schnellzugwagen aus dem Jahr 1910. Zur Übereignung brauchte die Gruppe aus haftungsrechtlichen Gründen eine juristische Person, am besten einen eingetragenen Verein. So kam es am 1. Februar 1950 zur Gründung des Modell-Eisenbahn-Club Wuppertal e.V., bei der rund 50 Mitglieder Carl Bellingrodt zum ersten Vorsitzenden wählten.

Bis zum Herbst 1950 wurde der Wagen hergerichtet, die Anlage geplant und aufgebaut. Dabei hatte die uneingeschränkte Lauffähigkeit des Wagens Priorität, damit nach der 100-Jahr-Feier die große Reise beginnen konnte. 14 Jahre fuhr der Verein mit dem Schnellzugwagen, der selbst schon ein Museumsstück war, durch Europa. Die Anlage machte sich schnell als Eisenbahnlehrschau einen Namen und zog in dieser Zeit insgesamt mehr als dreieinhalb Millionen Besucher an.

Auch ein weiterer Kreis konnte sich über die Unterstützung durch Carl Bellingrodt freuen. Dr. Hans Jürgen Vorsteher (✝ 2018) und Bernd Backhaus (✝ 2019) trafen mit ihrem VOBA Kreis zum ersten Mal im Mai 1964 mit Carl Bellingrodt in der Siegesstraße zusammen. Die damaligen Nachwuchsfans unterhielten auch einen eigenen Pfiff-Klub (zunächst mit Namen Rheingold, später Helvetia). Die Gründung der Pfiff-Klubs ging auf die Zeitschrift „DB mit Pfiff“ zurück, die in den Jahren 1957 – 1986 als Kundenzeitschrift der Deutschen Bundesbahn erschien.

Carl Bellingrodt hatte intensive Verbindungen zu Gleichgesinnten und eisenbahnbezogenen Institutionen. Bei brieflichen Kontakten nahm er gerne ein Foto aus seinem Archiv und verschickte dies als Postkarte. So auch hier:

Auf der Rückseite der Postkarte war immer der berühmte Stempel vom Archiv.

Carl Bellingrodts Heimatstadt Wuppertal war zugleich Gründungsort des 1966 entstandenen Eisenbahn-Kurier (EK) Verlags. Daraus erwuchs eine langjährige Freundschaft mit dem bekannten EK-Verlag Autor Hansjürgen Wenzel.

Dieser Verlag organisierte gemeinsam mit dem Verein der Eisenbahnfreunde (VdEF), der später zum Bundesverbands Deutscher Eisenbahn Freunde (BDEF) wurde, Dampfzug Sonderfahrten. Bellingrodt war 1958 Mitbegründer des  BDEF, bis heute der größte deutsche Verband für Hobby-Eisenbahner mit über 12.000 Mitgliedern.

Carl Bellingrodt verstarb am 24. September 1971 in Wuppertal. Nach seinem Tod wurde das Archiv noch einige Jahre von seiner Witwe weitergeführt, bis sie es 1981 an den EK Verlag verkaufte. Dieser verwaltet seitdem im Sinne von Carl Bellingrodt dessen berühmtes Lokomotivbild-Archiv.

In unseren Ausstellungsräumen zeigen wir nun rund neunzig Original Bellingrodt Postkarten aus unserem eigenen Archiv.

Nach wie vor sind wir dem berühmten Eisenbahnfotografen Carl Bellingrodt zu tiefem Dank verpflichtet, ohne ihn würde es unseren Verein nicht geben. Wir halten sein Andenken in Ehren.

Diese Hommage erweisen wir Carl Bellingrodt anlässlich seines 50. Todestages am 24. September 2021.