Am 7. Dezember 1835 wurde die erste deutsche Eisenbahnstrecke von Nürnberg nach Fürth eröffnet, die 6 km lange Ludwigsbahn. 1860 gab es in Deutschland schon ein Eisenbahnnetz von fast 12.000 km. Die Eisenbahn war in aller Munde. Und was in der Realität so erfolgreich war, wollten Kinder auch nachspielen.

Anfangs waren es einfache Holzeisenbahnen, aber ab 1866 begann die Firma Ernst Planck in Nürnberg Spielzeugeisenbahnen aus Blech zu bauen. Die ersten Eisenbahnen waren sog. Bodenläufer ohne Schienen, entweder ohne Antrieb zum Nachziehen, aber auch schon spiritusbeheizte, kleine Dampfmodelle.

Sie wiesen verstellbare Vorderachsen für einen Kreisverkehr auf. Die Räder dieser Modelle hatten keine Spurkränze und fuhren irgendwie im Kreis umher. Es kam der Wunsch nach Gleisen auf und so entstanden einfache Gleise, die seitlich eine Wulst aufwiesen um so die dampfgetriebene Lok in der Spur zu halten. Schon bald kamen Schwungradantrieb und Uhrwerkantrieb hinzu.

Die Räder erhielten Spurkränze, die ersten Gleise enstanden. Anfangs gab es nur gerade Gleise, da die Lokomotivmodelle für Kurvenfahrten ungeeignet waren. Die ersten kurvengängigen Lokomotiven kamen in den 1880er Jahren mit der Achfolge 1A auf den Markt. Die sog. Storchenbeinlokomotiven mit einen kleinen Laufrad vorne und einem großen Antriebsrad hinten bei einem kurzen Radstand. Diese Konstruktion der Firma Jean Schoenner aus Nürnberg ermöglichte somit auch Kurvenfahrten auf Gleisen in den Spurweiten 67, 75 und 90 mm. Solche Modelle wurden auch von Planck und Bing herausgebracht, wiederum mit eigenen Spurweiten und verschiedensten Kurvenelementen.

Zur Leipziger Frühjahrsmesse 1891 machte die Firma Märklin dem Spurenwirrwar ein Ende und stellte eine Norm für Modellbahnen vor, mit geometrischen Elementen, die sich nun zu beliebigen Schienenbildern mit Weichen zusammenstecken ließen. Die Grundkonzeption stammt vermutlich von der Firma Lutz aus Ellwangen, welche von der Firma Märklin 1891 übernommen wurde. Das war die Geburtsstunde der genormten Spielzeugeisenbahn.

Die Grundgröße war die Spur 1 mit 45 mm Spurweite. Folgerichtig wiesen größere Bahnmodelle die Spurweiten 2 und 3 auf.

Als kleinere Spur folgte 1898 die Spur 0 und 1935 die Spur 00 (später Halb Null oder H0, wie wir sie heute noch kennen).

Erstaunlicherweise orientierten sich die anderen Hersteller recht schnell an diese neue Norm. Märklin und Bing waren die Platzhirsche auf dem Spielzeugmarkt,

aber auch die Firmen Issmayer, Carette und Doll (alle aus Nürnberg) spielten in den Anfangsjahren eine große Rolle. Ihr Marktanteil sank mit zunehmender Dominanz der Firma Märklin.

Die aufkommende Elektrizität in den Städten und Haushalten führte bald dazu, dass der Wunsch aufkam, Lokomotiven und Gebäude zu beleuchten. Anfänglich gab es für Bahnhöfe eine sog. Kerzenbeleuchtung. Diese wurde um 1900 durch eine elektrische Beleuchtung mit Akkumulatoren abgelöst. Diese Technik diente anfangs nur zur Beleuchtung der Gebäude und Lokomotiven, um 1904 konnten damit auch Schwachstrombahnen (4 V) betrieben werden. Zur gleichen Zeit kamen sog. Starkstrombahnen heraus, die am damals üblichen Haushaltsstrom mit 110 V betrieben wurden. Für die Starkstrombahnen entwickelte man sog. Zwischenapparate (Kohlefaden-Widerstandsregler), die die Spannung auf 40 bis 70 V zurücksetzten.

Diese Spannung führte bei einer Entgleisung und einem Kurzschluss zu ungeahnten Stromstärken, so dass die ganze Angelegenheit nicht ungefährlich war, vor allem wenn man mit den Händen quer über die Schiene fasste.

1926 wurde durch den VDE diese Antriebsart verboten, was zur Einführung von Transformatoren mit einer Ausgangsspannung von 20 bis 24Volt führte.

Weichen und Signale wurden in der „Starkstromzeit“ nicht elektrisch betätigt, der Handbetrieb war Standard. Die Firmen Bing und Märklin führten als fernbetätigte Varianten einmal den Bowdenzugbetrieb zwischen Stellwerk und Weiche/Signal und die druckluftbetriebene Variante ein. Ein Stellpult mit Kolben erzeugte Druckluft, welche an der Weiche/Signal ebenfalls einen Kolben bediente und so eine Funktion auslöste.

Mit Einführung der Niedervolttransformatoren wurden Weichen und Signale elektrisch betätigt.

Nach der Verbreitung der „Elektrischen Eisenbahn“ in alle Volksschichten, wurden in den 1920er Jahren die großen Spuren 2 und 3, und vor dem 2. Welkrieg die Spur 1 eingestellt.

Der 1. Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise führte zu einer Reduktion der Anbieter. Prominentestes Opfer war die Firma Bing. Märklin wurde zum Marktführer in den 1930er Jahren.

Anfang 1940 wurde kriegsbedingt die Spielzeugproduktion generell eingestellt.

In der Nachkriegszeit begann die Produktion und der Verkauf zögerlich, was man am Vorwort des ersten Märklinkataloges von 1947 erkennen kann: „Nach den vergangenen schweren Jahren erscheint hiermit der erste Katalog der Nachkriegszeit. Verglichen mit den farbenprächtigen, reichhaltigen Ausgaben früherer Zeiten ist es ein bescheidener Wiederanfang. […] Die Produktion ist vorläufig noch für das Ausland bestimmt. Die durch den Export geschaffenen Mittel sollen die Einfuhr von Lebensmitteln fördern und mithelfen, die Not der Bevölkerung zu lindern. Wir hoffen, das bald Rohmaterialien zur Verfügung gestellt werden, um Zuteilungen an unsere Geschäftsfreunde im Inland zu ermöglichen.

Aber spätestens nach der Währungsreform 1948 erholte sich auch in Deutschland der Spielzeugmarkt. Der Schwerpunkt des Absatzes waren Modell in der Spur H0. Märklin und Fleischmann stellten bis in die 1950er Jahre auch noch Spur 0-Bahnen her.

Der Markt wurde zu dieser Zeit von den Firmen Märklin, Trix und Fleischmann beherrscht, denn ihre Produkte waren auf hohem qualitativen Niveau und wurden über den Fachhandel vertrieben.

In der beginnenden Wirtschaftswunderzeit der 1950er Jahre waren die Mittel noch knapp und nicht jeder konnte sich eine Märklineisenbahn leisten. Viele kleinere Hersteller drängten in den Markt mit Produkten, die über Kauf- und Versandhäuser verkauft wurden. Die Produkte der Firmen Beckh, Distler, Dressler, Wimmer, Keim etc. waren oftmals die ersten kindlichen Berührungen mit der Eisenbahn.

Vorteilhaft waren das Systemangebot (Komplettpackungen mit Schienen, Zug, Batterie/Uhrwerk ggf. Zubehör) und der anfangs günstige Preis. Waren es in den 1950er Jahren hauptsächlich Uhrwerkeisenbahnen der Spurweite 0, mussten die Hersteller von Kaufhausbahnen sich Ende der 1950er Jahre auf den Siegeszug der Spur H0 einstellen. Die Firma BUB stellte 1948 ein neues Eisenbahnsortiment mit der Spurweite S (22 mm, Maßstab 1:66) vor.

BUB hatte zu dieser Zeit den Markt der amerikanischen Besatzer im Fokus, denn in USA war diese Spurweite maßgeblich vertreten. Die Rechnung ging leider nicht auf, BUB war zu klein um gegen den Strom von Märklin Trix und Co. mit ihren H0-Bahnen anzuschwimmen, denn auch die Zubehörhersteller fixierten sich auf die Spur H0.

Somit begannen die „kleineren“ Hersteller ebenfalls, ihr Programm auf H0-Bahnen anzupassen, bei gleichzeitigem Anstieg der Qualitätsansprüche der Kunden. Aufgrund der kleineren Stückzahlen und den gestiegenen Qualitätsansprüchen schwand aber der preisliche Vorteil der sog. „Billiganbieter“. Das Modell einer V200 in H0 von BUB kostete Anfang der 1960er Jahre 27,50 DM. Das vergleichbare Märklinmodell war nur 8,50 DM teurer, als Bausatz sogar nur 2,00 DM. Aber welch ein Qualitätsunterschied… Das führte dazu, dass die „Billiganbieter“ nach und nach vom Markt verschwanden. Märklin, Fleischmann und Trix begannen nun ebenfalls mit einfacheren Serien in das Kaufhaus und Versandhausgeschäft einzusteigen. Mit Erfolg.

In der DDR setzte sich schon früh die Spur TT, Spurweite 12 mm, Maßstab 1:120 durch. Im Westen stellte die Firma ROKAL aus Nettetal Lobberich diese Spur lange Jahre erfolgreich her. 1970 wurde die Produktion eingestellt.

Bis Anfang der 1980er Jahre boomte das Geschäft und es drängten viele Neuentwicklungen in den Markt. Hinzu kam, dass auch „ältere grauhaarige Herren“ die Modelleisenbahn für sich entdeckten.

Arnold stellt Anfang der 1960er Jahre eine erste funktionsfähige Modellbahn in der Spurweite N, 9 mm, Maßstab 1:160 vor. Andere Hersteller wie Trix, Fleischmann, Piko oder Roco folgten.

1969 brachte Märklin wieder eine Spur 1 Modellbahn auf den Markt. Sie entwickelte sich zu einem Zugpferd, vor allem bei der älteren Kundschaft. Firmen wie Hübner, Kiss, KM1 zogen in diesem Marktsegment nach. Aber auch in die kleineren Maßstäben ging die Entwicklung weiter. 1972 stellte Märklin die kleinste serienmäßig hergestellte Modellbahn Spur Z mit 6,5 mm Spurweite im Maßstab 1:220 vor.

Mit Beginn der 1980er Jahre verlor die Modellbahn an Aufmerksamkeit, die Computerwelle sog das Interesse der Kids auf sich. Aber auch diese Technologie hielt in dieser Zeit Einzug in die Modellbahn. Digitale Steuerung, Mehrzugsteuerung, konstante Beleuchtung, Sound etc. bis hin zu computergesteuerten Modellbahnen ist nun möglich.

Die Spur 0 erlebte eine Wiedergeburt. 2007 brachte Lenz Elektronik das erste Großserienmodell in der neuen Spur 0 heraus.
Der hohe Technisierungsgrad, verschärfter Wettbewerb durch die Globalisierung und ein sich wandelnder Markt führte ab Ende des 20. Jahrhunderts zu einer Insolvenz- und Zusammenschlusswelle, die vermutlich noch weiter gehen wird.

Arnold und Trix gingen Mitte der 1990er Jahre Konkurs, Arnold wurde von Rivarossi/Lima und Trix von Märklin übernommen. Roco ging 2005 Konkurs und wurde von einer neuen Modelleisenbahnholding übernommen, die 2008 auch Fleischmann übernahm. Die englische Firma Horby übernahm Lima, Rivarossi und Arnold. 2009 meldete Märklin mit allen Töchtern (Trix und LGB) Insolvenz an und wurde 2013 von der Familie Sieber, Fürth (Simba, Dicky, Schuco) übernommen…

Der Herstellermarkt schließt sich immer mehr zusammen, allerdings stabilisiert sich die Abnehmerseite in den 2010er Jahren. Hierzu tragen sicherlich die neuen technischen Möglichkeiten einer modernen Modellbahn zu bei, aber vermutlich auch die steigende Zahl großer perfekter Schauanlagen, allen voran das Miniaturwunderland in Hamburg, das Porsche Traumwerk, die Modellbahnwelt Odenwald oder das Miniland in Straubing, um nur einige zu nennen.

Die über 160-jährige Geschichte der (Modell)-Eisenbahn wird weiter gehen…

Text von Wolfgang Beier
Alle Motive stammen aus der Sammlung Beier